Corona und der Einstieg ins Berufsleben
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Zu diesem Thema wollten wir zielgerichtete Interviewfragen formulieren, um einen tieferen Einblick in die aktuelle Situation der Berufseinsteiger zu bekommen. Bevor wir mit den Interviews begonnen haben, haben wir uns zuallererst selbst gefragt, welchen Einfluss Corona auf die eigene Jobsuche haben könnte. Ebenfalls stellten wir uns die Frage, inwiefern dies langfristige Auswirkungen, vor allem in Hinblick auf investorengeführte Medizinische Versorgungszentren (MVZ), haben könnte.
Wenn man diese Szenarien weiterdenkt und auch die folgenden Interviews miteinbezieht, wird schnell deutlich, dass die Gründungsbereitschaft junger Zahnärzte sinken wird. Hauptausschlaggebend sind hierbei sowohl die nicht vorhandene Unterstützung Deutschlands in Krisenzeiten für Zahnärzte als auch die steigenden Investitionskosten.
Im Folgeschluss bedeutet dies, dass vor allem Investoren wie zum Beispiel Jacobs Holding gute Chancen haben, Praxen aufzukaufen und kostengünstig mit jungen Zahnärzten und Zahnärztinnen zu besetzen, die in Einzelpraxen keinen verfügbaren Job gefunden haben. Somit können sogenannte investorengeführte Z-MVZ (Zahnmedizinische Versorgungszentren) noch schneller den zahnmedizinischen „Markt” erobern. Die Sichtweise von zwei Betroffenen macht die Lage deutlich. Das erste Gespräch haben wir mit Julia Liebers aus Frankfurt am Main geführt. Sie hat ihr Staatsexamen im Dezember 2019 erfolgreich absolviert und den Einfluss von Corona bei ihrer Jobsuche deutlich gespürt. Zudem konnte sie ihre geplante Auslandsfamulatur in Uganda leider nicht antreten.
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Berichtet von negativen Erfahrungen: Julia Liebers aus Frankfurt am Main |
Hatte nur positive Erlebnisse: Felix Aubach, der in Würzburg studierte |
DFZ: Wann hast du begonnen, aktiv Bewerbungen zu schreiben, und wie liefen die Vorstellungsgespräche?
Julia Liebers: Etwa Mitte März habe ich angefangen, Bewerbungen zu schreiben. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nicht erwartet, dass ich knapp 50 Stück davon schreiben würde. Mein erstes Gespräch hatte ich bei einem Zahnarzt in Frankfurt. Durch Mundpropaganda wusste ich von einer Kollegin, die Anfang des Jahres dort aufgehört hat. Bei diesem Gespräch, auf das ich 1,5 Stunden im Wartezimmer warten musste, erklärte er mir in 15 Minuten, dass er nicht wisse, ob er jemanden braucht. Corona stehe noch bevor, und er könne die Situation nicht abschätzen.
Dies war Julias erste negative Erfahrung in Zusammenhang mit der Corona- Krise. Doch das sollte nicht die einzige bleiben. 75 Prozent ihrer Bewerbungen blieben ohne Antwort. Und auch bei vielen der Antworten gab es Absagen wegen Corona. Die schlimmste Erfahrung machte sie jedoch bei einer anderen Zahnarztpraxis. Dort arbeitete sie ein paar Wochen für lau und wurde jede Woche erneut mit der Ausrede „Corona“ weitervertröstet. Nach einer Aussprache bekam sie dann einen Vertrag mit 500 Euro weniger Gehalt als vereinbart vorgelegt.
DFZ: Würdest du auch für ein geringeres Gehalt arbeiten oder es sogar in Kauf nehmen, erst einmal als Praktikantin ohne Bezahlung zu arbeiten?
Julia Liebers: Definitiv nein. Ich denke, wir werden zu Beginn sowieso erst einmal ausgebeutet, mit dem Standard-Gehalt von 2.500 Euro im Raum Frankfurt. Aber ich habe nicht fünf Jahre studiert und mich geplagt, um dann ein Einkommen zu haben, womit ich mir keinen Lebensstandard in Frankfurt am Main leisten kann.
DFZ: Wird sich der Arbeitsmarkt für Zahnmediziner in Zukunft verändern?
Julia Liebers: Ich hoffe darauf! Aber im positiven Sinn. Ich hatte vielleicht auch Pech, aber die Tatsache dass es in Ballungsgebieten einfach viel zu viele Zahnmediziner gibt (Praxisinhaber sagen, sie hätten rund 30 Bewerber) und die Arbeitgeber sich anscheinend alles erlauben können (keine Rückmeldung, auch nicht nach Probearbeiten etc.), ist es einfach nicht im Sinne eines unerfahrenen Uniabgängers, der endlich anfangen will zu arbeiten. Natürlich sind nicht alle Abgänger gleich gut, aber alle haben einen gewissen Standard und können die Dinge, die sie in der Uni gelernt haben.
Das zweite Interview haben wir mit Felix Aubach geführt. Er hat Anfang Juni 2020 an der Universität in Würzburg seinen Abschluss gemacht, bereits im Mai 2020 mit der Jobsuche begonnen und kann von positiven Erfahrungen berichten.
DFZ: Was für einen Einfluss hatte die Corona-Krise auf deine Jobsuche?
Felix Aubach: Die Corona-Pandemie hatte eigentlich, wenn überhaupt, einen positiven Einfluss, weil es für mich persönlich das Stresslevel deutlich gesenkt hat. Man konnte sich in aller Ruhe auf das Examen und den Start in das Berufsleben konzentrieren, ohne sich parallel darüber ärgern zu müssen, dass man alle sozialen Freizeitveranstaltungen verpassen würde.
DFZ: Inwiefern hat die Corona-Krise deine Jobsuche beeinflusst?
Felix Aubach: Diese Frage finde ich interessant, da sie für mich jeder Grundlage entbehrt. Ich hatte innerhalb einer Woche diverse Angebote für eine Stelle, nicht nur durch Eigeninitiative, sondern auch auf Empfehlung meiner Patienten aus der Zahnklinik. Gute Ärzte werden immer gebraucht – Krise hin oder her. Nachdem ich eine Vorauswahl getroffen hatte, habe ich zwischen den letzten Prüfungen einige Gespräche geführt und mich schlussendlich für das beste Gesamtpaket mit einem sehr herzlichen Team entschieden. Auch ein Chef, der viel kann und das auch zu vermitteln weiß, war mir wichtig.
DFZ: Wird sich der Arbeitsmarkt in Zukunft verändern?
Felix Aubach: Der Arbeitsmarkt für Zahnmediziner wird nach wie vor ein weites Feld mit vielen Möglichkeiten bleiben, davon bin ich überzeugt.
Nach diesen Interviews haben sich viele unserer Vermutungen bestätigt. Vor allem im Hinblick auf die aktuelle Problematik der Jobfindung. Schaut man sich die aktuellen Zahlen der arbeitssuchenden ZFA im Juni 2020 von 6.407 an und vergleicht diese mit Januar 2020, wo es noch halb so viele waren, bestärkt dies unsere These. Wie aus jeder Krise können sich auch Chancen ergeben. Deshalb ist es wichtig, dass wir als standespolitische Vertretung versuchen, einen positiven Einfluss auf die Veränderungen der zahnmedizinischen Arbeitswelt zu nehmen.