Authentisch ostfriesisch
Famulatur. Im Sommer 2022 famulierten acht Zahnmedizinstudentinnen und -studenten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in Zahnarztpraxen in Wittmund, dem zweitkleinsten Landkreis Deutschlands. Wittmund liegt im Nordwesten Niedersachsens und gehört zu Ostfriesland. Ein spannender Blick in den Praxisalltag.
Bereits im Frühjahr 2022 lud die Praxis Gebelein (Wittmund) Studierende der Zahnmedizin der MHH zu zwei Wochen Famulatur nach Ostfriesland ein – ein Pilotprojekt, gefördert vom Landkreis Wittmund. Da in Ostfriesland wie auch in anderen ländlichen Regionen schon länger der zahnmedizinische Nachwuchs fehlt, boten Wittmunder Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner Einblicke in ihren Praxisalltag, gekoppelt mit einem attraktiven Rahmenprogramm. Acht von 40 interessierten Zahnis aus Hannover – alle im achten Semester – konnten an der Famulatur teilnehmen.
ABWECHSLUNGSREICHE ARBEITSTAGE
Mitte August kamen sie in Wittmund an. Dr. Dörte und Dr. Stephan Gebelein, die das Projekt mit ins Leben gerufen haben, nahmen sie am Bahnhof in Empfang. Nach einem kurzen
Stadtrundgang lernten die Studentinnen und Studenten am Abend bei Schnitzel und Pommes die weiteren Organisatoren des Projekts sowie die eingebundenen Zahnärzte kennen.
Unter dem Wittmunder Motto „Man kennt sich, und jeder hilft jedem“ herrschte ungezwungene Stimmung. Sechs Praxen, gelegen in Wittmund und Esens, nahmen die Zahnmedizinstudierenden unter ihre Fittiche.
Direkt vom ersten Tag an durften sie aktiv den Arbeitstag unterstützen und miterleben – so etwa bei Wurzelbehandlungen unter dem Mikroskop, beim Setzen von Implantaten und
Chairside-Verfahren. Während der Führung durch ein Dentallabor in Varel wurde klar, dass in ländlichen Regionen auf dem höchsten Niveau gearbeitet wird. Abends traf man sich und tauschte die Erfahrungen des Tages sowie neu gelernte Tipps und Tricks aus. Beeindruckend waren auch die Menschen, die doch so authentisch ostfriesisch sind. So lernten die staunenden Zahnis: Insulanerinnen und Insulaner kommen nur im Herbst zum Zahnarzt, und das schönste an Wittmund ist die Straße nach Esens.
REIZVOLLE KOMBINATION
Neben der Arbeit in den Praxen gibt es in Ostfriesland viel Lebensqualität und Schönheit zu entdecken. Das vermittelten etwa ein Ausflug zum historischen Segelkutter „Gebrüder“, der im Museumshafen Carolinensiel vor Anker liegt, und ein Segeltörn nah an den ostfriesischen Inseln, um beim Matjesessen Seehunde zu beobachten. Am Wochenende besuchten die Zahnis das Betriebsfest des Vareler Dentallabors mit einer ausgelassenen Party und erfuhren auf der Insel Langeoog das Wichtigste über das Weltkulturerbe Wattenmeer. Eine wirklich reizvolle Kombination: morgens bei interessanten Fällen hospitieren und nachmittags die Umgebung erkunden.
GERNE WIEDER
Nach zwei Wochen saß man so wie am ersten Abend beisammen und ließ die Famulatur Revue passieren. Besonders gut gefallen hat den Studentinnen und Studenten der MHH der
offene und kollegiale Austausch mit ihren „Chefs“. „Famulaturen im ländlichen Raum muss es viel häufiger geben“, lautet das gemeinsame Fazit. Und die Möglichkeit, eigenständig unter Aufsicht zahnärztlich zu arbeiten, wäre eine reizvolle Erweiterung. Alles in allem sind alle acht Zahnis von dem Famulatur-Projekt und seinen Organisatoren begeistert und empfehlen Kommilitonen, ebenfalls daran teilzunehmen. „Ostfriesland ist auf jeden Fall in unseren Köpfen, wenn es um eine Assistenzarztstelle geht. Arbeiten in Ostfriesland bedeutet: da zu leben, wo andere Urlaub machen.“
INFO
Dr. Dörte und Dr. Stephan Gebelein und die eingebundenen Zahnärztinnen und Zahnärzte wollen das Pilotprojekt „Famulatur“ gemeinsam mit dem Landkreis Wittmund etablieren und regelmäßig anbieten. Auch mit Blick auf die Approbationsordnung Zahnmedizin (ZApprO), die eine vierwöchige Famulatur in einer Zahnarztpraxis vorsieht, verstehen sie das Projekt als eine Investition in die Zukunft – für ihre Patienten, die Studierenden und den Landkreis Wittmund.
Kontakt: gebelein.gemeinschaftspraxis@ewetel.net
Autoren: Amelie Schröder, Studentin MHH